Nur schrittweise, beinahe zögernd, wurde zu Kaisers Zeiten den Bewohnern entlegenerer Gegenden der volle Genuß der Segnungen der Eisenbahn zugestanden. Die Fahrpläne der beiden anfänglichen Stichstrecken Weilburg - Laubuseschbach und Bad Homburg - Usingen waren bescheiden.
Anschluß an die Hauptbahnzüge genügte zunächst einmal, um bessere Verbindungen, insbesondere im Abendverkehr, hatten die Gemeinden zu kämpfen. Seltsamerweise glaubte man aber auch nach Eröffnung der durchgehenden Strecke auf einen Durchgangsverkehr verzichten zu können. Die Berichte der Industrie und Handelskammern heben die Wertlosigkeit der Streckenneubauten für den Geschäftsverkehr hervor, solange es notwendig ist, bei der Fahrt von Weilburg nach Frankfurt in Grävenwiesbach, Usingen und Friedrichsdorf umsteigen zu müssen. Nun war ein Fortschritt in der Verkehrsbedienung zwar schon erreicht worden, wie die folgende Gegenüberstellung aufzeigt, aber eine Osttaunusfahrt blieb, im Gegensatz zu manchen sich vor dem ersten Weltkrieg immer mehr verfeinernden Fernverbindungen, nach wie vor eine Überlandreise, die mehrere Stunden in Anspruch nahm.

Zugpaare

1900

1914

Bad Homburg - Usingen

5

7

Usingen - Wetzlar

-

4

Usingen - Grävenwiesbach

-

1

Grävenwiesbach - Weilburg

-

5

Weilmünster - Laubuseschbach

41)

5

1) Durchgehend bis Weilburg.

Die günstigsten Fahrzeiten im Verkehr von Frankfurt (Main) bis Weilburg betrugen etwa vier Stunden. Erschwernisse, die, über die Notwendigkeit von Zugkreuzungen auf den eingleisigen Strecken, Gewichtsbeschränkungen infolge der starken Steigungen und der Halte zum Wasserfassen hinaus, lange Fahrzeiten bewirkten, waren in Sicherheitsvorschriften begründet. Obwohl der Straßen-, das heißt hier im wesentlichen Fuhrwerksverkehr, vom heutigen Umfang weit entfernt war, mußte die Geschwindigkeit an den vielen ungesicherten Bahnübergängen herabgesetzt werden. Auch die Läutewerke, deren melodisches Bimbam eines der verschwundenen Symbole alter Eisenbahnzeiten war, hinderten allzu forsche Wagenlenker manchmal nicht, noch vor dem Zug über die Gleise zu preschen.

Die zunehmende Erschließung des Taunusgebiets für den Ausflugs und Wanderer-Verkehr in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen findet Niederschlag in einigen interessanten Sonntagszügen der letzten Fahrplanperioden vor 1939. Ähnlich wie im Fall der Strecke Frankfurt (Main) Kronberg beschrieben, wurden Verbindungen angeboten, die unter Umgehung des Frankfurter Hauptbahnhofs auch der Bevölkerung aus den östlichen Wohnvierteln der Großstadt den direkten Zugang zum Taunus ermöglichten. Zum Sonntagszug Frankfurt (Main) Ost - Frankfurt (Main) Süd - Saalburg trat aber auch noch ein abendlicher Sammler Weilburg - Weilmünster - Grävenwiesbach - Usingen - Bad Homburg - Frankfurt (Main) Hbf., der nur an den aufgeführten Bahnhöfen hielt. Zur gleichen Zeit waren erste Anzeichen für Verkehrsrückgang in anderen Beziehungen zu beobachten: auf der Seitenstrecke Weilmünster - Laubuseschbach vermerkt der letzte Friedensfahrplan 1939 noch ganze zwei Zugpaare. Die zunächst in den gewohnten Bahnen wieder anlaufenden Verbindungen auf den Strecken in den Jahren nach 1945 wurden durch eine ungewöhnliche Besonderheit ergänzt, durch einen Eilzugkurs, der fahrplan- wie zugförderungstechnisch eine etwas genauere Betrachtung wert ist.

Seit 1947 fuhr eine ETA 178-Einheit des Bahnbetriebswerks Limburg morgens einen Umlauf Limburg - Weilburg Frankfurt (Main) - Niedernhausen - Limburg, dem abends eine Fahrt in gegenläufiger Richtung folgte. Während für die Strecken zwischen Weilburg und Frankfurt (Main) damit erstmals eine beschleunigte Durchgangsverbindung geschaffen worden war, konnte der Einsatz des betagten Batterietriebwagens für die Hauptstrecke Frankfurt - Niedemhausen - Limburg natürlich nur eine Notlösung darstellen. 1952 wurde der ETA durch Dieseltriebwagen der Baureihen VT 255 bzw. VT 365 ersetzt. Die Kurse wurden über Limburg hinaus durch den Westerwald bis Köln verlängert, wobei allerdings am Morgen der Umweg Limburg - Weilburg - Frankfurt entfiel. In der Gegenrichtung blieb aber an Werktagen der kuriose Zuglauf Frankfurt (Main) - Weilburg - Limburg - Altenkirchen - Au - Köln mit viermaligem Kopfmachen, das der Bundesbahn als werbewirksames Aushängeschild für den problemlosen Einsatz von Steuerwagen diente. Ab 1955 übernahm die Diesellok der Type V 80 mit einem aus drei vierachsigen Bei- bzw. Steuerwagen gebildeten Zug diesen Kurs.

Gleichzeitig eingeführte weitere, als Eilzüge bezeichnete Verbindungen zwischen Grävenwiesbach und dem engeren Rhein-Main-Gebiet hatten, ebenso wie die aus dem System der Bildung zweier Frankfurter Nahverkehrsringe resultierenden Berufsverkehrszüge Usingen - Frankfurt (Main) mit Ohnehaltfahrt von Oberursel bis zum Frankfurter Hauptbahnhof, nur zeitweiligen Bestand. Mehr und mehr setzte sich eine Entwicklung durch, die sehr deutlich von der aus den Anfangszeiten des Eisenbahnwesens übernommenen, gleichmäßig über den Tag und das vorhandene Netz verteilten typischen Nebenbahnverbindungen zum modernen System des erweiterten Vorortverkehrs führte. Die Bindung an das elektrifizierte Frankfurter S-Bahn Netz im Süden, in Friedrichsdorf und an das Industriezentrum Wetzlar im Norden, durchgehende Bedienungen und Konzentration auf die beiden örtlichen Schwerpunkte Usingen und Grävenwiesbach zeichneten im Osttaunus den Eisenbahnverkehr aus. Durchgehende Züge ab Frankfurt Hbf. fuhren nur noch im Berufsverkehr, die ansonsten überwiegend eingesetzten Schienenomnibusse begannen und endeten in Bad Homburg und Friedrichsdorf. Zu verkehrsschwächeren Zeiten ergänzten Straßenbusse den Schienenverkehr.

Die werktäglichen Nahgüterzüge stießen von Bad Homburg, Wetzlar und Weilburg bis zu ihren Endpunkten in Grävenwiesbach (bzw. im Fall des unteren Weiltalzugs nach Abbau der Strecke Weilmünster - Grävenwiesbach nur noch bis Weilmünster) vor. Größere Anschlußstellen, wie Tettaugrund bei Friedrichsdorf, Industriegelände ("Muna") in Wilhelmsdorf und Jägerhaus, wurden durch Übergabefahrten bedient.

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